Ein Schuhmacher in Zeiten von Hunger, Krieg und Pest
Einleitung
»Anno Domini 1618 ist ein grosser commet erschine…des selbigen ansehen ist schröcklich und wunderlich, der bewegt mich in meinem gemüet, das ich anfing zu schreiben…«
Diese Worte sind ein kurzer Auszug aus den ersten Zeilen des Tagebuchs eines Schuhmachers und Seldners namens Hans Heberle, welcher von 1597-1677 im Umland von Ulm lebte. In seinem »Zeytregister« hielt er die Eindrücke und Geschehnisse seines Lebens fest, nämlich Hungersnöte, Seuchen und auch die spürbaren Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges. Der Klimawandel seiner Zeit hatte große Ernteausfälle zur Folge, weshalb Teuerung, Inflation und Hunger sich stets abwechselten. Das war der perfekte Nährboden für Seuchen aller Art. Der Krieg und die umherziehenden Soldaten halfen dabei diese zu verbreiten. Typhus, Fleckfieber, die rote Ruhr, Pocken, Grippe sowie die Syphilis waren in dieser Zeit am häufigsten verbreitet.
Allen voran aber die berühmteste Seuche: die Pest. Zwar hatte sie längst den Schrecken des Spätmittelalters eingebüßt und die Menschen hatten sich an Pestepidemien, die meist alle paar Jahre auftraten, gewöhnt. Dennoch war die durch Ektoparasiten ausgelöste Zooanthroponose, welche durch Rattenflöhe sowie von Mensch zu Mensch übertragen werden konnte, in allen Medien der Frühen Neuzeit omnipräsent. Unterscheiden kann man zwischen der Beulenpest, dessen Sterblichkeitsrate bei 60-80% lag sowie der Lungenpest, dessen Sterblichkeitsrate bei 100% lag. Gelegentlich wurden fälschlicherweise auch andere Seuchen als Pest deklariert, denn die Unterscheidung von Krankheiten hatte nicht Priorität. Die Ursache aber schon, so galten Krankheiten und insbesondere die Pest als Strafe Gottes und da die Angst um das eigene Seelenheil größer war als vor dem Tod, waren unzählige Flugblätter und Traktate im Umlauf, die religiös geprägte Anleitungen zur Bewahrung von Körper und Seele boten. Neben diesen haben natürlich auch viele Menschen ihre Erfahrungen in Chroniken und Selbstzeugnissen festgehalten. Einer von ihnen war Hans Heberle. Was er zu berichten hat? Das kann man sich in meinem Podcast »Seuchengeschichte hautnah« anhören.
Literatur:
- Ulbricht, Otto (Hrsg.): Die leidige Seuche. Pest-Fälle der Frühen Neuzeit. Köln, 2004.
- Zillhardt, Gerd (Hrsg.): Der Dreißigjährige Krieg in zeitgenössischer Darstellung: Hans Heberles ‚Zeytregister‘ (1618–1672). Aufzeichnungen aus dem Ulmer Territorium; ein Beitrag zu Geschichtsschreibung und Geschichtsverständnis der Unterschichten. Forschungen zur Geschichte der Stadt Ulm. Band 13. Kohlhammer Verlag. Stuttgart 1975.
- Vasold, Manfred: Grippe, Pest und Cholera. Eine Geschichte der Seuchen in Europa. Suttgart 2008.
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